LISTADAPT: Anpassungsfähigkeit von Listerien an verschiedene ökologische Nischen

Zusammenfassung

Ziel des OHEJP-Teilprojekts LISTADAPT war es, die Anpassungsfähigkeit von Listerien (Listeria monocytogenes) an die verschiedenen ökologischen Nischen auf molekularer Ebene zu erforschen. Dabei wurden sowohl genotypische als auch phänotypische Daten aus einer Vielzahl von Listerien-Stämmen aus Umwelt, Tieren, Lebensmitteln und klinischen Fällen in mehreren europäischen Ländern verglichen.

Projektbeschreibung

Das Bakterium Listeria monocytogenes ist zusammen mit Salmonellen und toxinbildenden E. coli Bakterien (STEC) der Hauptverursacher für lebensmittelbedingte Infektionen in der EU, gemessen an Schweregrad der Erkrankung und Sterblichkeitsrate. Seit 2008 wurde in Europa ein signifikanter Anstieg des Auftretens von Listeriose verzeichnet, was die Listeriose als ernstes, immer wieder auftretendes Gesundheitsproblem deutlich werden lässt. 

Die Ökologie von Listeria monocytogenes ist jedoch immer noch wenig erforscht. Die hohe Anpassungsfähigkeit einiger Stämme an diverse ökologische Nischen macht auch die Produktion von qualitativ hochwertigen, sicheren Lebensmitteln zu einer großen Herausforderung. Das LISTADAPT-Projekt zielt darauf ab, aufzuklären, welche Gene und molekularen Mechanismen der Anpassung von Listerien an verschiedene ökologische Nischen zugrunde liegen.

Im Rahmen des Projekts wurde eine Kombination aus Next Generation Sequencing (NGS)-Technologie und phänotypischen Methoden eingesetzt, um Daten aus einer großen und ausgewogenen Anzahl von Listerien-Stämmen zu vergleichen. 21 Partner, darunter Lebensmittel-, Umwelt-, Veterinär- und öffentliche Gesundheitslabore, waren an der Erstellung eines Datensatzes von 1.575 Stämmen und Genomen von Listeria monocytogenes Stämmen beteiligt. Diese wurden in zwanzig europäischen Ländern gesammelt und decken viele verschiedene Lebensräume und diverse geografische Regionen ab.  

Ergebnisse

Im Rahmen des LISTADAPT Projekts wurden 1.575 neue Listeria monocytogenes Genome für die Wissenschaft verfügbar gemacht. Diese Genome sind für die verschiedenen ökologischen Nischen repräsentativ und nun öffentlich im European Nucleotide Archive (ENA) zugänglich.

Mit einem Teil der Listerien-Stämme wurde die antimikrobielle Empfindlichkeit gegenüber elf Antibiotika und vier Bioziden getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass aus Lebensmitteln isolierte Stämme insgesamt höhere minimale Hemmkonzentrationen für quartäre Ammoniumverbindungen (QACs) und Peressigsäure (PAC) aufwiesen als Stämme, die aus Tieren und natürlichen Umgebungen isoliert worden waren. Die wiederholte Exposition gegenüber QACs führte zu einer Abnahme der Empfindlichkeit gegenüber Ciprofloxacin, einem Fluorchinolon-Antibiotikum, das in der Human- und Veterinärmedizin weit verbreitet ist und als kritisches antimikrobielles Mittel gilt. In Stämmen der Linie I und II aus Lebensmitteln waren mobile genetische Elemente weit verbreitet, was die hohe Anpassungsfähigkeit dieser Listerien-Stämme, die Natur der Toleranzmechanismen und die Notwendigkeit der Überwachung dieser Gene unterstreicht, um das Risiko toleranter Genotypen in der Lebensmittelindustrie zu reduzieren.

Im Rahmen dieses Projekts wurde zum ersten Mal über das Vorkommen eines CC121-Stammes berichtet, der aus einem Delfingehirn isoliert wurde. Die Genomanalysen zeigten, dass 16 aus Lebensmitteln isolierte Stämme dem Delfinstamm am nächsten kamen.

Resümee

Im Rahmen des LISTADAPT-Projektes wurde erstmals eine große Anzahl an Listeria monocytogenes Stämmen aus verschiedensten, europäischen Habitaten untersucht. Dabei wurde auch die antimikrobielle Empfindlichkeit von Listerien gegenüber einer Reihe von Antibiotika und Bioziden anhand einiger Stämme getestet. Die hohe Anpassungsfähigkeit von Listerien an ökologische Nischen bestätigte sich auch durch den Nachweis mobiler genetischer Elemente in Stämmen, die aus Lebensmitteln isoliert wurden. Um die Verbreitung von Listerien in der Lebensmittelindustrie und damit den Ausbruch von Listeriose gering zu halten, ist es von Bedeutung, Entwicklungen in diesem Bereich weiterhin kontinuierlich zu beobachten.

Nutzen des Projekts

Die Sammlung der Stämme und Genome wird für Folgeprojekte und wissenschaftliche Fragestellungen nützlich sein. Die detaillierte Charakterisierung der Listerien-Stämme auf phänotypischer und genotypischer Ebene wird dazu beitragen, die tatsächliche Bedeutung dieser Stämme als Quelle von lebensmittelbedingten Infektionen für die öffentliche Gesundheit zu beurteilen. 

Projektdetails

Projektakronym: LISTADAPT

Projektleitung: French Agency for Food, Environmental and Occupational Health & Safety, (ANSES), Maisons-Alfort Laboratory for Food Safety, Unit SEL (Salmonella and Listeria) F-94701 Maisons-Alfort, France
Projektleitung AGES: Mag. Dr. Ariane Pietzka, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Graz, Zentrum für lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten
Projektpartner: Weitere Projektpartner finden Sie hier.

Finanzierung: One Health EJP - European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme

Grant Agreement No 773830

Projektlaufzeit: 11/2017 bis 12/2020

Publikationen

Guérin, A., Bridier, A., Le Grandois, P., Sévellec, Y., Palma, F., Félix, B., LISTADAPT Study Group, Roussel, S., Soumet, C., 2021. Exposure to Quaternary Ammonium Compounds Selects Resistance to Ciprofloxacin in Listeria monocytogenes. Pathogens 10, 220.  https://doi.org/10.3390/pathogens10020220

Gelbicova, T., Florianova, M., Hluchanova, L., Kalova, A., Korena, K., Strakova, N., Karpiskova, R., 2021. Comparative analysis of genetic determinants encoding cadmium, arsenic and benzalkonium chloride resistance in Listeria monocytogenes of human, food and environmental origin. Front. Microbiol. https://doi.org/10.3389/fmicb.2020.599882

Sévellec, Y., Torresi, M., Félix, B., Palma, F., Centorotola, G., Bilei, S., Senese, M., Terracciano, G., Leblanc, J.-C., Pomilio, F., Roussel, S., 2020. First Report on the Finding of Listeria monocytogenes ST121 Strain in a Dolphin Brain. Pathogens, 9, 802. https://doi.org/10.3390/pathogens9100802

Torresi, M., Orsini, M., Acciari, V., Centorotola, G., Di Lollo, V., Di Domenico, M., Bianchi, D. M., Ziba, M. W., Tramuta, C., Cammà, C., Pomilio, F., 2020. Genetic Characterization of a Listeria monocytogenes Serotype IVb Variant 1 Strain Isolated from Vegetal Matrix in Italy. Microbiology resource announcements, 9, 33. https://doi.org/10.1128/MRA.00782-20

Pietzka, A., Murer, A., Lennkh, A., Hauser, K., Vötsch, K., Springer, B., Allerberger, F., Ruppitsch, W., 2021. Draft genomes of two Listeria monocytogenes strains isolated from invasive snails Arion vulgaris in Austria, 2019. Microbiol Resour Announc 10. https://doi.org/10.1128/MRA.00375-21

Félix, B., Sévellec, Y., Palma, F., Felten, A., Radomski, N., Mallet, L., Blanchard, Y., Leroux, A., Soumet, C., Bridier, A., Piveteau, P., Ascensio, E., Hébraud, M., Karpíšková, R., Gelbíčová, T., Torresi, M., Pomilio, F., Cammà, C., Di Pasquale, A., Skjerdal, T., Pietzka, A., Ruppitsch, W., Ricão Canelhas, M., Papić, B., Hurtado, A., Wullings, B., Bulawova, H., Castro, H., Lindström, M., Korkeala, H., Šteingolde, Z., Kramarenko, T., Cabanova, L., Szymczak, B., Gareis, M., Oswaldi, V., Guedes, H., Marti, E., Seyfarth, A.-M., Leblanc, J.-C., Guillier, L., Roussel, S. A, 2022. European-wide dataset to uncover adaptive traits of Listeria monocytogenes to diverse ecological niches. Sci Data. https://doi.org/10.1038/s41597-022-01278-6

Weitere Informationen

Projektwebsite

Aktualisiert: 07.08.2024